Präventive Arbeit in einer Familie mit einem Kind mit Autismus, Teil 1
Als Einzelfallhelferin arbeite ich in einer Familie mit einem Mädchen[1]mit einer stark ausgeprägten Form des Autismus, die auf eine chromosomale Veränderung des Chromosoms 15 zurückzuführen ist. (vgl. Dup15q Alliance (2004)) Zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Facharbeit ist das Mädchen fünf Jahre alt und besucht eine Kita mit Integrationsschwerpunkt. Hier wird sie intensiv betreut und gefördert, vorrangig durch eine fachkundige und engagierte Integrationserzieherin.
Die Eltern des Kindes sind zwar miteinander verheiratet aber die emotionale Beziehung zwischen Mutter und Vater gestaltet sich schwierig. Sie gehen sich weitestgehend aus dem Weg und wenn sie miteinander kommunizieren, herrschen starke Spannungen zwischen ihnen. Der Vater leitet ein eigenes Einzelhandelsgeschäft. Seine berufsbezogene Selbstständigkeit verlangt ihm einen großen Einsatz von Zeit ab, zumeist an allen Wochentagen, um für die Familie wenigstens ein niedriges Maß an Lebensstandard zu finanzieren. In der gemeinsamen Wohnung hält er sich in der Regel nur zum Schlafen auf. An zwei Nachmittagen und einem ganzen Wochenendtag widmet er sich regelmäßig vollkommen seiner Tochter.
Die Mutter ist psychisch phasenweise sehr labil, was sie in schwierigen Momenten zum sozialen und emotionalen Rückzug zwingt und sich in depressiven Verhaltensweisen zeigt. Von sich selbst sagt die Mutter, sie habe eine diagnostizierte Schizophrenie. Zurzeit ist sie auf die Einnahme von Psychopharmaka angewiesen, die es ihr ermöglichen so gut wie möglich einem geregelten Tagesablauf nachzugehen und als Mutter für ihr Kind da zu sein. Begleitend wird sie psychotherapeutisch betreut. Zur Mitarbeit in dem Geschäft des Ehemannes oder einer anderen Arbeitstätigkeit fühlt sie sich nicht in der Lage. Das Beantragen von Sozialleistungen gestaltet sich aufgrund der starken Meinungsverschiedenheit der Eltern als schwierig, was die Mutter stark von der Finanzverwaltung des Vaters abhängig macht. Sie hat großes handwerkliches Talent beim Nähen und Schneidern. Dieses Hobby betreibt sie intensiv in den Vormittagsstunden, wenn es ihre psychische Verfassung zulässt. Die meiste Kleidung näht sie für sich und ihr Kind selbst. Dieses Hobby beruflich umzusetzen würde sie unter selbst so empfundene zu große Verantwortung und Belastung setzen.
Die folgende Schilderung beruht auf der Wiedergabe von authentischen Erinnerungen und Erlebnissen der Autorin.
[1] Bei der Betitelung des Kindes belasse ich es bei dem „Mädchen". Da es nur um dieses eine geht, halte ich es für ausreichend und sinnvoll für die komplette Anonymisierung der ganzen Familie.
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- Erstellt am 14.03.2012
- Geschrieben von Katja Driesener