Allgemeine Charakteristik
Die gewählte qualitative Methode gewährleistet eine offene Auseinandersetzung mit dem Thema, d. h. es erfolgt keine theoretische wie auch methodische Einengung des untersuchten Gegenstandes wie das bei einer quantitativen Erhebung (z. B. Fragebogen) der Fall wäre. Nach LAMNEK [47] ergeben sich folgende methodische Kriterien eines qualitativen Interviews, die hier bewusst berücksichtigt werden:
- Prinzip der Alltagssprache, d. h. das Interview erfolgt in einer alltagsnahen Gesprächssituation und unter Benutzung eines alltagssprachlichen Vokabulars.Prinzip der Zurückhaltung durch den Interviewführenden, d. b. dass der Befragte das Gespräch sowohl in qualitativer als auch quantitativer Hinsicht bestimmt. Der Interviewführende hält sich mit seinem eigenen Wissen und mit seiner eigenen Meinung im Hintergrund.
- Prinzip der Bezugssysteme des Befragten, d. h. das subjektive Erleben der einzelnen Interviewpartner steht im Mittelpunkt.Prinzip der Offenheit, d. h. es besteht auch die Möglichkeit, innerhalb des Interviews unerwartete Informationen von dem Befragten zu erhalten.
- Prinzip der Flexibilität, d. b. je nach Gesprächsverlauf antwortet der Forscher variabel auf die Bedürfnisse des Befragten.
- Prinzip der datenbasierten Theorie, d. b., dass eine Theorie erst auf Grundlage der aus den geführten Interviews gewonnen Informationen aufgestellt wird.
Als eine besondere Form des qualitativen Interviews gilt das hier gewählte problemzentrierte Interview nach ANDREAS WITZEL. Anhand eines Leitfadens, bestehend aus Fragen und Erzählanreizen, werden insbesondere biographische Daten unter einem bestimmten Gesichtspunkt – in diesem Fall des Besuches der Tagesbegegnungs- stätte – erfragt.
ANDREAS WITZEL geht bei dem von ihm konzipierten Interview von vier Instrumenten aus, die eine Durchführung ermöglichen und unterstützen. Dabei handelt es sich um einen Kurzfragebogen, den Interviewleitfaden, die Tonbandaufzeichnung sowie das Postskriptum.[48]
Auf den Kurzfragebogen zu Beginn des Interviews wird in dieser Untersuchung verzichtet. Ein Minimum an soziodemographisch relevanten Angaben wird zu Beginn des Interviews ermittelt.
Der Interviewleitfaden vereinfacht im Unterschied zum narrativen Interview die Vergleichbarkeit der erhobenen Daten. Ein weiterer Vorteil ergibt sich für die Befragten. Aufgrund der Teilstrukturierung wird auf eine unnötige zeitliche sowie psychische Belastung in der Erhebungssituation verzichtet, was gerade in der Zusammenarbeit mit psychiatrie-erfahrenen Menschen wichtig ist. [49]
Postskripta der einzelnen Interviews werden unmittelbar nach Durchführung erstellt und dem Anhang der Forschungsarbeit beigefügt.
[47] Bockmann, Eike & Wardanjan, Barbara; 2000: Interviewpraktikum. Lehrheft.; Dresden (Institut für Allgemeine Psychologie, Biopsychologie und Methoden der Psychologie an der Technischen Universität), Seite 4
[48] Vgl. Flick, Uwe; 2002: Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung.; Reinbek bei Hamburg (Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH), 6. Auflage, Seite 134 ff
[49] Vgl. Spiegelberg, Rüdiger & Wüstendorfer, Werner (Hrsg.); 2000: Sozialarbeitsforschung für Studium und Praxis. Einführung in die qualitativen und quantitativen Methoden. von Steinert, Erika & Thiele, Gisela; Köln, Wien & Aarau (Fortis Verlag GmbH), Seite 137
- Details
- Erstellt am 11.02.2005
- Geschrieben von Antje Henkel