Zusammenfassung und Schlussbetrachtung Teil 1
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der außerberuflichen Erwachsenenbildung von Menschen mit geistiger Behinderung. Die Frage nach Möglichkeiten und der Umsetzbarkeit von Bildungsangeboten für schwer und oder mehrfach geistig behinderte Menschen wird erörtert und diskutiert.
Als Arbeitsbasis werden in Kapitel 1 Grundbegriffe und –Haltungen der Heil- und Sonderpädagogik erläutert. Das Normalisierungsprinzip ist eines der zentralen Maxime im professionellen und alltäglichen Umgang mit behinderten Menschen. Das grundlegende Anliegen des Normalisierungsprinzips ist es, geistig behinderten Menschen ein so normales Leben wie möglich zu gestalten sowie ihnen nach dem Prinzip der Gleichheit die äquivalenten Rechte wie nicht behinderten Menschen einzuräumen. Das Normalisierungskonzept beschreibt dabei eine Strategie, wie die Integration von Menschen mit geistiger Behinderung auf verschiedenen Ebenen der Gesellschaft bewerkstelligt werden kann. Beim Versuch einer Begriffsklärung für die Erscheinung „geistige Behinderung" zeigt sich der tendenziell defizitorientierte Blick der Gesellschaft auf diesen Personen-kreis. Aus Sicht der nichtbehinderten Menschen wird eine Person, der wir eine geistige Behinderung zuschreiben noch überwiegend als defizitär dargestellt. Er wird in seinem Menschsein als minderbemittelt und begrenzt begriffen. Laut dem neusten Grundverständnis der Weltgesundheitsorganisation hemmt die Gesellschaft die individuelle Entfaltung behinderter Menschen. Im Sinne des Empowermentkonzeptes geht es um die Ermächtigung und Befähigung behinderter Menschen aus der Situation der Entmündigung, der Abhängigkeit und Fremdbestimmung herauszukommen. Die Einzelnen sollen in die Lage versetzt werden, ihre Interessen und Lebensverhältnisse individuell sowie eigenverantwortlich zu bewältigen und zu gestalten. An dieser Stelle hat die Erwachsenenbildung einen entscheidenden Auftrag, bei der Entfaltung der Autonomie und Selbstbestimmung mitzuwirken.
In Kapitel 2 wird zunächst die geschichtliche und aktuelle Entwicklung der Bildungsarbeit mit behinderten Menschen aufgezeigt. Hier wird deutlich, dass sich die Erwachsenenbildung für Menschen mit geistiger Behinderung in Deutschland erst spät etabliert hat und sie aufgrund entwicklungsgeschichtlicher Aspekte vorrangig an Trägern und Institutionen der Behindertenhilfe angeschlossen ist. Die allgemeine Erwachsenenbildung hat sich lange Zeit von dieser Personengruppe distanziert. Erst im Zuge der Normalisierungsbestrebung und Selbstbestimmungsdebatte in den 80er Jahren hat sie sich erstmals im Sinne der Zielgruppenorientierung diesem Personenkreis geöffnet. Gegenwärtig ist die Realisierung des Normalisierungsprinzips in der allgemeinen Erwachsenen-bildung jedoch noch immer als unzureichend zu beurteilen. Geistig behinderte Menschen werden in der Erwachsenenbildung eher als Randthema betrachtet. Die derzeitige Situation behinderter Menschen in der Weiterbildung spiegelt dabei den allgemeinen gesellschaftlichen Zustand wieder.
Die Herausarbeitung der Prinzipien, Funktionen, Aufgaben, Inhalte und Besonderheiten in Bezug auf die Erwachsenenbildung geistig behinderter Menschen wird in Kapitel 3 anschaulich illustriert. In der Auseinandersetzung mit der Thematik wird deutlich das lebenslanges Lernen und Bildung im Erwachsenenalter in unserer Gesellschaft, auch für Menschen mit Behinderung, immer wichtiger wird. Erwachsenenbildung trägt zur Individualisierung, zum Erwerb von Autonomie, zur schrittweisen Emanzipation aus der Abhängigkeit von anderen Menschen sowie zur Partizipation am gesellschaftlichen Leben und zur sozialen Integration bei. In Bezug auf die bildungs- und sozialpolitische Entwicklung zeigt sich jedoch, dass derzeit eine große Kluft zwischen der Bildungssituation behinderter und nichtbehinderter Menschen besteht.
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- Erstellt am 01.02.2007
- Geschrieben von Alexandra May