Familie in Tieren
Dieser Artikel führt in das Testverfahren "Familie in Tieren" ein. Bei diesem Test malen Kinder Ihre Angehörigen oder Bekannten als Tiere. Fachleute können aus diesen Bildern mögliche Rückschlüsse u.a. auf Ängste oder auf das soziale Umfeld des Kindes ziehen.
Der nachfolgende Artikel ist eine Zusammenfassung aus folgender Büchern:
- "Spielbasierte Befragungstechniken", D. Sturzbecher, Hogrefe-Verlag
- "Familie in Tieren", Luitgard Brem-Gräser, Ernst Reinhardt Verlag GmbH & Co KG
- "Familie in Tieren - Die Familiensituation im Spiegel der Kinderzeichnung. Zeitschrift für differentielle und diagnostische Psychologie", Luitgard Brem-Gräser, Ernst Reinhardt Verlag GmbH & Co. KG
Information über den Test
Familie in Tieren zählt zu den projektiven Tests, der im Alter von 4-12 Jahren durchführbar ist. Brem-Gräser entwickelte 1995 diesen thematischen Zeichentest. Veröffentlicht wurde der Test erstmals 1997 und wird in der Erziehungsberatung oder zur heilpädagogischen Diagnostik eingesetzt. Der Test ist sehr beliebt, da Kinder im Allgemeinen gerne malen und dabei auch zum Teil über die Tiere erzählen. Bevor man den Test mit dem Kind durchführt, bedarf es eine Anamnese, damit man vorher ein Bild über die Familienstruktur erhält.
Ziel des Testes ist es, einen Blickwinkel der familiären Struktur zu erhalten. Außerdem erhält man einen möglichen Eindruck über die Persönlichkeitsstruktur des Kindes. Des Weiteren sieht man die möglichen interaktionalen Familienprozesse, aber aus der Sicht des Kindes.
Durchführung des Testes "Familie in Tieren"
Das Kind erhält ein Blatt Papier und Stifte. Wenn das Kind seine Familie malen soll, gibt der Heilpädagoge direkte Aufforderungen: "Stell dir vor deine eigene Familie als Tiere vor. Zeichne nun deine Familie in Tieren!" Man darf dem Kind dabei nicht helfen und sagen, wer zur Familie gehört.
Zu beachten ist die Zeichenreihenfolge. Am einfachsten ist es, wenn man den Namen unter die Tiere schreibt und eventuell Zahlen für die Reihenfolge. Wenn das Kind schon selbst schreiben kann, soll es selber die Reihenfolge notieren und den Namen der Familienmitglieder aufschreiben. Laut Brem-Gräser malen Kinder gern Tiere, weil dadurch ihr Gestaltungsdrang angeregt wird. Die Kinder treffen also eine charakteristische Auswahl für die Darstellung der Familienmitglieder.
Auswertung des Tests
Nach der Zeichnung finden Hypothesenbildungen statt über mögliche Probleme, Besonderheiten des Kindes und eventuell über familiäre Strukturen und Konflikte. Es ist sehr ratsam, nach der Durchführung des Tests mit dem Kind über das Bild zu sprechen.
Der Test Familie in Tieren soll nicht nurinhaltlich, sondern auch von der Form gedeutet werden. Während der Zeichnung beobachtet man das Kind ganz genau (wie es malt). Man beobachtet die Strichstruktur (fester Strich-Durchsetzungskraft, Festigkeit; druckschwacher Strich - wenig Durchsetzung, Flächenbehandlung …) Weiter ist auf die Formbehandlung (klein, groß) zu achten. Es ist möglich, dass ein Tier besonders groß hervorgehoben wird, in Realität aber ganz klein ist. Brem-Gräser wertete die Häufigkeit der von den Kindern gezeichneten Tiere aus. Danach befragte sie fragte die Kinder, welche positiven und negativen Eigenschaften die Tiere hätten. Daraus erstellte sie den "Katalog der Tiereigenschaften", der für die Auswertung des Testes sehr hilfreich sein kann. Am meisten wurden bei Gräsers Untersuchung die Schlange, der Hase und der Vogel gemalt.
Inhaltliche Bedeutung des Testes für die Heilpädagogin
- Reihenfolge der Tiere, gleiche oder verschiedene Tiere (Zusammengehörigkeit der Familie bei gleichen Tieren)
- Gruppierung der Tierfamilie (ein Familienmitglied steht am Rand. Wer wendet sich wem zu? Welche Familienmitglieder sind als gleiche Tierfamilie dargestellt? Gibt es räumliche Distanzen zwischen den Familienmitgliedern?)
- Ausdruck der Tiere (z. B. Katze kann kratzen und die Haare stehen zu Berge oder sie schmeichelt und lächelt, ein Löwe kann friedlich dargestellt werden, ...)
- Unterschiedliche Gattung der Tiere (Säugetiere, Haustiere, Wildtiere)
Die Beziehung zwischen Hund und Katze kann beispielsweise auf eine aggressive, bedrohliche Beziehung hindeuten. Die Deutung der Tiere und Beziehungen muss jedoch mit Zurückhaltung erfolgen, um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Über das Gespräch mit dem Kind bekommt man weitere Aufschlüsse über die Zeichnung.
Charaktereigenschaft von Tieren
Nachfolgend beispielhaft die allgemeine Deutung einiger Tierarten:
- Der Adler steht für die königliche Würde und Macht und ist für seine Schnelligkeit bekannt.
- Der Affe symbolisiert den Neid, er ist arglistig und verspielt.
- Die Ameise gilt als fleißig und vorsorgend.
- Die Biene ist emsig und fleißig.
- Der Delphin gilt als intelligentes, menschenfreundliches Tier.
- Das Einhorn steht symbolisch für die Unschuld.
- Der Esel ist ein Lasttier, gilt als unintelligent, eigensinnig aber ist auch geduldig.
- Der Fuchs ist schlau und gescheit, zur anderen Seite aber falsch und verschlagen.
- Der Geier ist tapfer, zur anderen Seite aber draufgängerisch.
- Die Giraffe ist verträglich zur anderen Seite aber neugierig
- Der Hase steht für seine Schnelligkeit, ist aber sehr feige.
- Der Hirsch ist sehr schnell, genügsam und hat viel Ausdauer.
- Das Huhn ist fürsorglich, liebevoll, zur anderen Seite scheu, streitsüchtig und meckert rum.
- Der Hund ist treuherzig, ist ein Wächter, der uns vor Gefahren schützt
- Die Katze schmeichelt, anhänglich, zur anderen Seite aber scheinheilig, hinterlistig. Sie kann aber auch ihre Krallen zeige.
- Das Krokodil ist gefährlich, aber in Zeiten von Schnappi, dem Krokodil, wird es wohl von einigen Kindern weniger gefährlich eingeschätzt.
- Das Küken ist schutzbedürftig, hilflos, unselbständig, es braucht Aufmerksamkeit.
- Das Lamm kann sich nicht wehren, kommt oft in der Bibel vor.
- Der Löwe symbolisiert die Herrschaft, ist würdevoll, steht für den Edelmut, ist aber auch gefährlich, raubgierig stolz und stark.
- Das Nilpferd ist stark, lieb und kräftig, zur anderen Seite gutmütig und schwerfällig.
- Die Raupe steht für die kindliche Entwicklung, d.h. Ein Kind entfaltet sich erst als Schmetterling und alles "ist noch offen".
- Die Schlange ist hinterlistig, ihr Gift ist tödlich.
- Der Stier symbolisiert in der Bibel das Symbol der Kraft und kann sich gut durchsetzen.
Kritikpunkte des Testes
Objektivität
Laut Petermann ist die Objektivität als gering eingeschätzt. Als Begründung gibt Petermann das fehlende Testmaterial an, denn es gibt keine Empfehlung für das Zeichenmaterial hinsichtlich der Farbwahl und der Größe des Papiers. Weiterhin fehlt der Hinweis ob dieser Test als Einzel- oder Gruppenarbeit durchführbar ist und wie die Haltung des Pädagogen sein sollte. Bei der Auswertung des Testes gibt es keine inhaltlichen Auswertungskriterien, da die Tiersymbolik nur eine literarische Darstellung ist.
Validität
In dem Buch wurde von der Autorin Brem eine Liste von 108 Tieren mit einer Angabe über die absolute Häufigkeit jedes Tieres, erstellt. Dazu beschrieb sie die Verteilung der Tiere auf die Familienangehörigen und mehrere Zusammenstellungen der Tiere, die am häufigsten auftraten. Bei den Zeichnungen gab es über 300 Fälle von neurologisch gestörten Kindern. Deren Tierzeichnung und das psychologische Gutachten wurden von der Autorin jedoch nicht näher ausgeführt. Die Autorin schrieb 29 Analysen über Kinderzeichnungen und deren aktuellen Familiensituation, die man Schritt für Schritt nachvollziehen kann.
Fazit
Psychologen wenden diesen Test oft an, da er einfach anwendbar ist. Anhand der graphologischen Zeichnung, der Anamnese und der Aussage des Probanden bzw. des Kindes über seine Tierzeichnung kann sich der Psychologe oder Heilpädagoge ein Bild von der Familienstruktur machen.
Die Objektivität des Tests ist jedoch umstritten, da die Tiersymbolik sehr verschieden interpretiert werden kann. Der Test "Familie in Tieren" erfüllt laut einigen Untersuchungen der Universität Wien nicht die gebräuchlichen Gütekriterien wie Validität, Reliabilität und Objektivität.
- Details
- Erstellt am 25.09.2008
- Zuletzt bearbeitet am 25.01.2013
- Geschrieben von Diana Saft