Rechtliche Rahmenbedingungen der heilpädagogischen Arbeit
Dieser Artikel bietet einen Überblick über die relevanten (Sozial-) Gesetze, auf deren Basis ein Heilpädagoge/eine Heilpädagogin tätig werden und Honorar erhalten kann.
Wann spricht man von einer Behinderung?
Folgende Definition stammt aus dem SGB I, § 10 (Eingliederung Behinderter):
"Menschen, die körperlich, geistig oder seelisch behindert sind oder denen eine solche Behinderung droht, haben unabhängig von der Ursache der Behinderung zur Förderung ihrer Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe ein Recht auf Hilfe, die notwendig ist, um
1. die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern
[...]
4. ihre Entwicklung zu fördern und ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern [...]"
(Quelle: www.gesetze-im-internet.de)
Eingliederungshilfe für behinderte Menschen
Auszug aus SGB XII, § 53 (Eingliederungshilfe für behinderte Menschen: Leistungsberechtigte und Aufgabe):
"(1) Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, erhalten Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten." (Quelle: bundesrecht.juris.de)
Wie und wo stellt man einen Antrag auf Sozialleistungen?
Die Eltern stellen beim zuständigen Leistungserbringer (z.B. Sozialamt) einen Antrag auf Sozialleistungen. Hier können sie sich auf SGB I, §16 (1) berufen: "Anträge auf Sozialleistungen sind beim zuständigen Leistungsträger zu stellen. Sie werden auch von allen anderen Leistungsträgern, von allen Gemeinden und bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, auch von den amtlichen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland entgegengenommen." (Quelle: www.gesetze-im-internet.de)
Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist gemäß "SGB XII § 97 (1) Sachliche Zuständigkeit" der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist (vgl. bundesrecht.juris.de). Der überörtliche Träger in Sachsen ist z.B. der Kommunale Sozialverband Sachsen mit Sitz in Leipzig. Eine Übersicht über die überörtlichen Träger sowie Informationen über die Antragstellung finden sie auf www.betanet.de.
Heilpädagogische Leistungen im Gesetz
SGB I, § 29 (1a): Frühförderung zur medizinischen Rehabilitation insbesondere (a) Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder
SGB I, § 29 (3c): Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, insbesondere Hilfen zur heilpädagogischen Förderung (vgl. www.gesetze-im-internet.de).
SGB V, § 43a (nichtärztliche sozialpädiatrische Leistungen): "(1) Versicherte Kinder haben Anspruch auf nichtärztliche sozialpädiatrische Leistungen, insbesondere auf psychologische, heilpädagogische und psychosoziale Leistungen, wenn sie unter ärztlicher Verantwortung erbracht werden und erforderlich sind, um eine Krankheit zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und einen Behandlungsplan aufzustellen; § 30 des Neunten Buches bleibt unberührt." (Quelle: www.bundesrecht.juris.de)
Mit einfachen Worten: Ein Kind kann auf ärztliche Verordnung heilpädagogische Leistungen in Anspruch nehmen. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse.
SGB XII, § 54 Eingliederungshilfe für behinderte Menschen: "(1) Leistungen der Eingliederungshilfe sind neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 des Neunten Buches insbesondere
1. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bleiben unberührt
[...]
3. Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit,
4. Hilfe in vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätten nach § 56"
(Quelle: www.bundesrecht.juris.de)
SGB IX, § 26 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation: (1) "Zur medizinischen Rehabilitation behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen werden die erforderlichen Leistungen erbracht, um
1. Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten oder
2. Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern.
[...]
(3) Bestandteil der Leistungen nach Absatz 1 sind auch medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen, soweit diese Leistungen im Einzelfall erforderlich sind, um die in Absatz 1 genannten Ziele zu erreichen oder zu sichern und Krankheitsfolgen zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, insbesondere
1. Hilfen zur Unterstützung bei der Krankheits- und Behinderungsverarbeitung,
2. Aktivierung von Selbsthilfepotentialen
[...]
5. Hilfen zur seelischen Stabilisierung und zur Förderung der sozialen Kompetenz, unter anderem durch Training sozialer und kommunikativer Fähigkeiten und im Umgang mit Krisensituationen,
6. Training lebenspraktischer Fähigkeiten,
7. Anleitung und Motivation zur Inanspruchnahme von Leistungen der medizinischen Rehabilitation."
(Quelle: bundesrecht.juris.de)
Auf Basis dieser Punkte können u.A. auch heilpädagogische Leistungen, die als pädagogische Hilfen gelten, erbracht werden.
SGB IX, § 30 Früherkennung und Frühförderung: "(1) Die medizinischen Leistungen zur Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder nach § 26 Abs. 2 Nr. 2 umfassen auch
[...]
2. nichtärztliche sozialpädiatrische, psychologische, heilpädagogische, psychosoziale Leistungen und die Beratung der Erziehungsberechtigten, auch in fachübergreifend arbeitenden Diensten und Einrichtungen, wenn sie unter ärztlicher Verantwortung erbracht werden und erforderlich sind, um eine drohende oder bereits eingetretene Behinderung zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und einen individuellen Behandlungsplan aufzustellen.
Leistungen nach Satz 1 werden als Komplexleistung in Verbindung mit heilpädagogischen Leistungen (§ 56) erbracht.
(2) Leistungen zur Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder umfassen des Weiteren nichtärztliche therapeutische, psychologische, heilpädagogische, sonderpädagogische, psychosoziale Leistungen und die Beratung der Erziehungsberechtigten durch interdisziplinäre Frühförderstellen, wenn sie erforderlich sind, um eine drohende oder bereits eingetretene Behinderung zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen oder die Behinderung durch gezielte Förder- und Behandlungsmaßnahmen auszugleichen oder zu mildern." (Quelle: bundesrecht.juris.de)
SGB IX, § 55 Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft: "(1) Als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft werden die Leistungen erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapiteln 4 bis 6 nicht erbracht werden.
(2) Leistungen nach Absatz 1 sind insbesondere
[...]
2. heilpädagogische Leistungen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind"
(Quelle: bundesrecht.juris.de)
SB IX, § 56 Heilpädagogische Leistungen: "(1) Heilpädagogische Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 werden erbracht, wenn nach fachlicher Erkenntnis zu erwarten ist, dass hierdurch
1. eine drohende Behinderung abgewendet oder der fortschreitende Verlauf einer Behinderung verlangsamt oder
2. die Folgen einer Behinderung beseitigt oder gemildert werden können. Sie werden immer an schwerstbehinderte und schwerstmehrfachbehinderte Kinder, die noch nicht eingeschult sind, erbracht.
(2) In Verbindung mit Leistungen zur Früherkennung und Frühförderung (§ 30) und schulvorbereitenden Maßnahmen der Schulträger werden heilpädagogische Leistungen als Komplexleistung erbracht." (Quelle: bundesrecht.juris.de)
Wahlrecht für behinderte Menschen - das Persönliche Budget
Menschen, egal ob mit oder ohne Behinderung, wollen ein selbstbestimmtes Leben führen. Im persönlichen Budget steht daher das Wunsch- und Wahlrecht behinderter Menschen im Vordergrund. Diese erhalten hierfür Geld, mit dem sie benötigte Unterstützung einkaufen können. Diese Unterstützung wiederum kann durch einen Heilpädagogen geleistet werden. Der Heilpädagoge begleitet dann z. B. den behinderten Menschen in einer Werkstatt, in einem Wohnheim oder auch in einer integrativen Kindertagesstätte. Der Vorteil für den Menschen mit einer Behinderung ist, dass er selbst einen Assistenten wählen kann und wann er Hilfe benötigt. Der entsprechende Gesetzestext lautet:
SGB IX, § 17 (Ausführung von Leistungen, Persönliches Budget): "(1) Der zuständige Rehabilitationsträger kann Leistungen zur Teilhabe
- allein oder gemeinsam mit anderen Leistungsträgern,
- durch andere Leistungsträger oder
- unter Inanspruchnahme von geeigneten, insbesondere auch freien und gemeinnützigen oder privaten Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen (§ 19) ausführen.
[...]
(2) Auf Antrag können Leistungen zur Teilhabe auch durch ein Persönliches Budget ausgeführt werden, um den Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Bei der Ausführung des Persönlichen Budgets sind nach Maßgabe des individuell festgestellten Bedarfs die Rehabilitationsträger, die Pflegekassen und die Integrationsämter beteiligt." (Quelle: bundesrecht.juris.de)
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- Erstellt am 23.09.2009
- Zuletzt bearbeitet am 11.01.2013
- Geschrieben von Diana Saft